Prokura Haftung: Warum es teuer werden kann

Aktualisiert am 10. März 2024 von Ömer Bekar

Infos zu Prokura Haftung
Eine Prokura führt zu einer erhöhten Haftung.

Als Prokurist haben Sie eine besondere Stellung im Unternehmen. Doch die Position bringt auch mit viel Verantwortung mit sich. Denn mit Erteilung der Prokura verfügen Sie über eine umfangreiche handelsrechtliche Vollmacht. Sie dürfen das Unternehmen nach außen hin rechtskräftig vertreten und sind zu gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften aller Art befugt. Dass damit nicht nur Rechte und Pflichten, sondern auch Haftungsrisiken einhergehen, können Sie sich sicher denken. Nur: Wie ist das eigentlich bei der Prokura mit der Haftung?

Wissen Sie noch, wie es war, als Sie zum Prokuristen ernannt wurden? Als Sie zuerst das offizielle Ernennungsschreiben und die Vollmachtsurkunde und später dann auch die Nachricht über den Eintrag ins Handelsregister in der Hand hatten?

Natürlich war Ihnen klar, dass als Prokurist mehr Arbeit auf Sie zukommen würde. Aber Sie wollten der Wertschätzung und dem Vertrauen der Geschäftsführung mit Engagement begegnen. Sie waren bereit, Verantwortung zu übernehmen.

Für Ihre Tätigkeit brauchen Sie aber nicht nur die Anerkennung der Geschäftsleitung, sondern auch den Respekt der Mitarbeiter. Denn nur so werden Sie zu einer Autoritätsperson und zum Vorbild. Es hat schon seinen Grund, dass ein Prokurist oft der heimliche Chef der Firma genannt wird.

Nun bringt Ihre Stellung aber eben nicht nur Positives mit sich. Zu den Schattenseiten zählt neben der Mehrarbeit zum Beispiel auch das Haftungsrisiko. Und je mehr Sie in die Rolle des leitenden Angestellten schlüpfen und Führungsaufgaben übernehmen, desto größer ist die Gefahr, dass Sie in die Haftungsfalle geraten.

Deshalb ist es sehr wichtig, dass Sie mit Blick auf die Prokura über Dinge wie Haftung, D&O-Versicherung oder faktische Geschäftsführung Bescheid wissen. Und den Grundstein dafür legen wir mit diesem Beitrag.

So können Sie die finanziellen Risiken begrenzen

Flache Hierarchien in Unternehmen schränken die Aufstiegschancen oft ein. Auf der anderen Seite sollen Mitarbeiter und vor allem Führungskräfte mehr Verantwortung übernehmen und unternehmerisch handeln. Und um die Basis dafür zu schaffen, wird Angestellten häufig Prokura erteilt.

Natürlich ist die Ernennung zum Prokuristen eine Form der Auszeichnung. Hätten Sie nicht mit guten Leistungen überzeugt, würde Ihnen die Geschäftleitung nicht das Vertrauen schenken. Immerhin ist die Prokura eine Handlungsvollmacht, die es Ihnen erlaubt, diverse Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen vorzunehmen.

Nur werden Sie als gesetzlicher Vertreter eben ganz anders in Haftung genommen als ein normaler Arbeitnehmer ohne Prokura. Deshalb sollten Sie Maßnahmen ergreifen, um vor allem die finanziellen Risiken zu minimieren. Und dabei sind insbesondere drei Dinge wichtig.

1. Klare Zuständigkeiten

Sie sollten unbedingt darauf achten, dass Ihre Zuständigkeiten in der Firma klar, eindeutig und unmissverständlich geregelt sind. Das ist vor allem mit Blick auf Ihre fachlichen Aufgaben und Kompetenzen wichtig.

Denn als Prokurist sind Sie in aller Regel nicht nur ein Angestellter, der die Befugnis hat, Erklärungen, Verträge und andere Dokumente zu unterzeichnen. Stattdessen sind Sie meist auch Leiter einer Abteilung und in dieser Funktion voll in das betriebliche Tagesgeschäft integriert. Sie treffen also Entscheidungen, für die Sie sowohl intern als auch im Außenverhältnis die Verantwortung tragen.

Ganz praktisch können Sie diesen Punkt umsetzen, indem Sie eine Stellenbeschreibung für Ihre Position etablieren. Listen Sie darin Ihre Zuständigkeiten und Kompetenzen auf. Anschließend können Sie in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob neue Bereiche dazugekommen sind und das Stellenprofil deshalb aktualisiert werden muss.

2. Aufnahme in die D&O-Versicherung

Es ist unmöglich, alle Risiken und Gefahren auszuschalten. Doch eine Absicherung gegen denkbare Schadensfälle kann zumindest Schlimmeres verhindern. In der Unternehmenswelt geschieht das durch eine sogenannte Directors and Officers Liability Insurance, im Deutschen auch D&O-Versicherung genannt.

Die Versicherung übernimmt die Kosten für den Rechtsschutz im Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit. Außerdem deckt sie Schadensersatzansprüche ab. Tatsächlich dürfte es kaum ein mittelständisches Unternehmen geben, das auf die D&O-Versicherung verzichtet.

Allerdings gilt der Versicherungsschutz in erster Linie für die Geschäftsführer. Dass auch ein Prokurist in den Versicherungsvertrag aufgenommen wird, ist längst nicht selbstverständlich.

Ein Grund hierfür sind die hohen Prämien. Immerhin betragen Sie für einen Prokuristen mehrere tausend Euro pro Jahr. Trotzdem sollten Sie abklären, inwieweit der Versicherungsschutz auf Sie ausgeweitet werden kann.

3. Eigene Rechtsschutzversicherung

Eine sogenannte Manager-Rechtsschutzversicherung sichert Sie gegen teure Risiken ab. Dazu gehören vor allem die Kosten, die entstehen, wenn Sie außergerichtlich oder gerichtlich Ansprüche auf den Ausgleich von Vermögensschäden abwehren müssen, die sich aus gesetzlichen Bestimmungen zur Haftpflicht ableiten.

Grundsätzlich sollten Sie mit der Geschäftsleitung vereinbaren, dass Sie solche Kosten nicht tragen müssen. In aller Regel ist ein Unternehmen an dieser Stelle auch durchaus gesprächsbereit. Nur wird das Unternehmen meist ablehnen, die Kosten in Fällen zu übernehmen, in denen Sie als Prokurist vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen Pflichten verstoßen haben.

Dieser Ausschluss geht in Ordnung. Allerdings sollten Sie dann darauf bestehen, dass das Unternehmen keinen Anwalt einschaltet, ohne das mit Ihnen abzusprechen.

Wann die Prokura zu Ihrer Haftung führt

Grundsätzlich werden Sie immer dann in die Haftung genommen, wenn Sie einem Dritten einen Schaden zufügen. Wenn Sie also einen Fehler machen und ein Dritter dadurch zu Schaden kommt, haften Sie. Setzen Sie zum Beispiel die Wohnung Ihres Nachbarn unter Wasser, müssen Sie genauso für den Schaden aufkommen, wie wenn Sie stolpern und ein Glas Rotwein über das helle Sofa Ihrer Bekannten schütten.

Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gelten für Schadensfälle aber Sonderregeln. Denn die Haftung für einen Schaden, den ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit verursacht, ist beschränkt. Und als Prokurist sind Sie nach wie vor ein Arbeitnehmer. Aus diesem Grund ist trotz der erteilten Prokura auch Ihre Haftung grundsätzlich begrenzt.

Entscheidend dabei ist der Umfang, in dem Ihnen der entstandene Schaden zuzurechnen ist. So haften Sie bei leichter Fahrlässigkeit nicht. Haben Sie den Schaden aber durch mittlere oder grobe Fahrlässigkeit verschuldet, werden Sie in die Haftung genommen. Damit Sie die Begriffe besser einordnen können, haben wir eine Tabelle als Übersicht für Sie erstellt.

Fahrlässigkeit und Haftung

Umfang Erklärung Beispiel Haftung
leichte Fahrlässigkeit geringfügige Pflichtverletzung, die jedem passieren kann und leicht zu entschuldigen ist Weil Sie einen Moment lang nicht aufmerksam sind, vertippen oder verzählen sich. keine
mittlere Fahrlässigkeit Pflichtverletzung, die zwar nicht mehr nur geringfügig, aber auch nicht grob ist Beim Einparken achten Sie nicht auf den Abstand und beschädigen deshalb Ihren Dienstwagen. anteilig; einen Teil der Kosten tragen Sie, den Rest Ihr Arbeitgeber
grobe Fahrlässigkeit erhebliche Pflichtverletzung, die eigentlich nicht zu entschuldigen ist, sinngemäß nach dem Motto :“So etwas darf nicht passieren.“ Während einer Autofahrt telefonieren Sie und sind dadurch so abgelenkt, dass Sie eine rote Ampel überfahren. voll; grundsätzlich tragen Sie die ganzen Kosten selbst; Ihr Arbeitgeber kann Ihnen aber entgegenkommen
Vorsatz Pflichtverstoß, den Sie wissentlich und absichtlich begehen Sie sehen, dass die Ampel rot ist. Doch weil Sie es eilig haben, fahren Sie trotzdem drüber. voll; wie bei grober Fahrlässigkeit sind aber Absprachen mit Ihrem Arbeitgeber möglich

Die faktische Geschäftsführung als Haftungsfalle

Eine der größten Fallen, in die Sie mit Blick auf die Prokura Haftung tappen können, ergibt sich durch die faktische Geschäftsführung. Das geschieht, wenn Sie Ihre Position derart machtbewusst wahrnehmen, dass Sie faktisch die Geschäfte des Unternehmens führen.

Diese Gefahr besteht vor allem in kleineren und mittelständischen Betrieben, in denen Sie als Prokurist eine Führungskraft und gleichzeitig ein erfahrener Experte in Ihrem Fachbereich sind. Denn dann wissen Sie, wie der sprichwörtliche Hase läuft. Sie kennen sich aus und auch die Geschäftsleitung macht Ihnen so schnell nichts vor.

Nur: Bei faktischer Geschäftsführung als Prokurist sind Sie auch derjenige, der bei Pflichtverletzungen gegenüber den Geschäftspartnern haftet.

Allerdings müssen immer die konkreten Umstände des Einzelfalls gesehen werden. Dass Sie Ihre Befugnisse als Prokurist intensiv wahrnehmen, heißt nämlich nicht automatisch, dass Sie faktisch die Geschäftsführung innehaben.

Nutzen Sie Ihre Ermächtigung, um die typischen Aufgaben und Tätigkeiten eines Prokuristen ausüben, kann das natürlich einen großen Einfluss auf die Geschäftsführung zur Folge haben. Und es bleibt nicht aus, dass Sie zu einer Schlüsselfigur im Betriebsalltag werden. Eine faktische Geschäftsführung im rechtlichen Sinne ist damit aber noch nicht gegeben.

Es ist nicht so einfach, eine klare Grenze zwischen der Tätigkeit als Prokurist auf Basis der erteilten Bevollmächtigung und einer faktischen Geschäftsführung zu ziehen. Das liegt auch daran, dass es keine verbindliche gesetzliche Regelung gibt.

Aus einem Urteil des Kölner Finanzgerichts ergibt sich, dass dann von einer faktischen Geschäftsführung auszugehen ist, wenn Sie sich als Prokurist um die steuerlichen Angelegenheiten des Betriebs kümmern und den Jahresabschluss zeichnen (Az. 5 V 2047/03).

Rechtssicheres Handeln durch den Zusatz ppa

Eine Frage, die immer wieder zu Unstimmigkeiten mit Geschäftspartnern führt und nicht selten sogar vor Gericht landet, lautet: Müssen Sie schriftliche Erklärungen mit einem Zusatz wie „per Prokura“ oder „ppa“ unterschreiben, damit sie rechtverbindlich sind?

Sind Sie Prokurist in einem Unternehmen, das im Handelsregister eingetragen ist, können Sie den Zusatz beim Zeichnen von Verträgen und anderen wichtigen Dokumenten auch weglassen. Die Erklärung, die Sie im Namen des Unternehmens abgeben, ist auch ohne den Hinweis auf Ihre Funktion als Prokurist rechtsgültig und wirksam.

Dazu gibt es ein Urteil vom Oberlandesgericht Köln. Darin führten die Richter in ihrer Begründung aus, welche Bedeutung das Handelsregister im Geschäftsverkehr hat. So kann ein Geschäftspartner das Register jederzeit einsehen und auf diese Weise eindeutig überprüfen, wer zur Geschäftsleitung eines Unternehmens gehört und wem Prokura erteilt wurde. Und weil die Funktion des Vertreters durch die Prokura Eintragung im Handelsregister belegt ist, ist ein zusätzlicher Hinweis bei der Unterschrift nicht notwendig (Az. 1 W 10/05).

Trotzdem ist es ratsam, nicht auf den Zusatz zu verzichten.

Vor allem bei neuen Geschäftspartnern beugen Sie so nämlich Diskussionen und Missverständnissen vor. Und die Umsetzung ist einfach. Denn Sie müssen den Hinweis auf die Prokura nicht handschriftlich ergänzen.

Stattdessen können Sie den Zusatz in der Unterschrift-Zeile abdrucken. Ergänzen Sie deshalb Ihre Textvorlage für Briefe, Ihre Mustervorlage für Verträge und andere Muster für geschäftliche Korrespondenz mit dem ppa-Zusatz. So sind Sie auf der sicheren Seite.

Aber: Arbeiten Sie für ein Unternehmen, das eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist, müssen Sie als Prokurist auch per Prokura unterschreiben. Bei dieser Rechtsform dürfen Sie den Zusatz nicht weglassen.

Trotz Prokura sind Sie nicht automatisch in der Haftung

Als Prokurist dürfen Sie im Außenverhältnis Geschäfte aller Art abschließen. Je nachdem, ob es sich um eine Einzelprokura oder eine gemeinschaftliche Prokura handelt und wie die Vollmacht konkret ausgestaltet ist, können Ihre Rechte zwar firmenintern eingeschränkt sein.

So ist zum Beispiel denkbar, dass es eine Formulierung gibt, nach der Sie nur Geschäfte mit einem Wert von höchstens 100.000 Euro abzeichnen dürfen. Doch das Handelsgesetzbuch erlaubt Ihnen Handlungen im gesamten gesetzlichen Umfang. Und ein Außenstehender kann die firmeninternen Regelungen nicht erkennen.

Mit Blick auf die Haftungsrisiken sollten Sie sehr genau prüfen, was Sie unterschreiben. Denn Ihre Entscheidungen können eine große Tragweite haben. Und abgeschlossene Verträge sind rechtsgültig, selbst wenn Sie die internen Grenzen überschritten haben. Trotzdem sind Sie nicht immer und automatisch haftbar.

Ein Beispiel: In einer GmbH beschließen die beiden Geschäftsführer, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. Damit der Vertrieb und die Logistik sichergestellt sind, werden sehr hohe Investitionen getätigt. Doch schon nach kurzer Zeit zeigt sich, dass das Produkt ein Flop ist. Um nicht noch mehr Kosten zu verursachen, entscheidet die Geschäftsleitung, das Produkt wieder vom Markt zu nehmen.

Aber die hohe Investition bleibt und führt zu einem schlechten Jahresergebnis. Der Inhaber der GmbH sieht die Verantwortung bei den Geschäftsführern. Sie hingegen verweisen auf den Prokuristen. Schließlich hat er veranlasst, dass die Entscheidung der Geschäftsführung umgesetzt wird, ohne dabei die Risiken zu prüfen. Also ist er der Schuldige.

Tatsächlich ist genau das eben nicht der Fall. Ein richtungweisendes Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg besagt nämlich, dass ein Prokurist kein Kontrollorgan der Geschäftsleitung ist. Führt er eine Anweisung der Geschäftsleitung aus, die sich als Fehler herausstellt, kann er allein durch die Prokura nicht in die Haftung genommen werden. Für Fehler, die die Geschäftsleitung macht, muss sie schon selbst einstehen (Az. 11 U 141/01).