Prokura HGB: Die wichtigsten Regelungen

Aktualisiert am 10. März 2024 von Ömer Bekar

Infos zu Prokura HGB
Die Prokura ist im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt.

In einem größeren Unternehmen, in dem täglich unzählige Rechtsgeschäfte durchgeführt werden, ist die Prokura ein sehr hilfreiches Instrument. Die Geschäftsleitung kann auf diese Weise nämlich Aufgaben und Entscheidungen an einen Mitarbeiter delegieren, dem sie vertraut. Gleichzeitig kann das Erteilen einer Prokura eine klassische Beförderung ersetzen und eine bewährte Führungskraft ans Unternehmen binden. Immerhin genießt ein Prokurist hohes Ansehen. Doch welche gesetzlichen Regelungen zur Prokura gibt es eigentlich? Wir haben die wichtigsten Regelungen aus dem HGB zur Prokura zusammengefasst.

Bei der Prokura handelt es sich um eine Vertretungsmacht, die im unternehmerischen Alltag eine wichtige Rolle spielt. Und im Unterschied zu vielen anderen Vollmachten ist sie gesetzlich klar geregelt.

So bilden die §§ 48 bis 53 des Handelsgesetzbuches (HGB) die rechtliche Grundlage. Um Lücken zu schließen, finden ergänzend dazu die §§ 116 ff. des Bürgerliches Gesetzbuches (BGB) Anwendung, die allgemein für Vollmachten gelten.

Tatsächlich ist es auch durchaus sinnvoll, dass der Gesetzgeber klare Vorschriften für die Prokura festgelegt hat. Denn die Prokura ist eine sehr umfangreiche Vertretungsmacht. Sie ermächtigt den Prokuristen dazu, alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.

Doch was heißt das genau? In diesem Beitrag haben wir die wichtigsten Vorgaben des HGB zur Prokura zusammengestellt.

Die Erteilung der Prokura

Um einen Prokuristen zu bestimmen, muss ein Kaufmann die Prokura persönlich und ausdrücklich erteilen. Dabei kommt als Prokurist grundsätzlich jede natürliche Person in Frage, die voll geschäftsfähig ist. Bestimmte fachliche oder persönliche Voraussetzungen müssen nicht erfüllt sein.

Und der Prokurist muss auch in keinem bestimmten Verhältnis zum Unternehmen stehen. Der Geschäftsführer könnte deshalb zum Beispiel auch seinen Ehepartner zum Prokuristen ernennen. Allerdings kann tatsächlich nur der Inhaber des Handelsgeschäfts oder ein gesetzlicher Vertreter Prokura erteilen (§ 48 HGB).

Das Gesetz schreibt für die Erteilung eine ausdrückliche Erklärung vor. Diese muss zwar nicht unbedingt schriftlich festgehalten werden. In der Praxis ist es aber üblich, einen entsprechenden Vertrag aufzusetzen, um Rechtssicherheit zu schaffen und Missverständnissen vorzubeugen.

Der Umfang der Prokura

Gemäß § 49 HGB ermächtigt die Prokura „zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.“ Der Prokurist kann also Geschäfte vornehmen, die weitreichende Folgen haben. So kann er zum Beispiel Personal einstellen oder entlassen, verschiedenste Verträge abschließen, Kredite aufnehmen oder das Unternehmen vor Gericht vertreten.

An dieser Stelle gibt es übrigens einen großen Unterschied zu Handlungsvollmacht. Auch die Handlungsvollmacht kann zwar sehr umfangreich sein. Aber sie erlaubt dem Bevollmächtigten nur, Geschäfte und Rechtshandlungen durchzuführen, die im jeweiligen Handelsgewerbe üblich sind. Die Handlungsvollmacht beschränkt sich also auf branchenübliche Geschäfte, während die Prokura zu Handlungen im Zusammenhang mit irgendeinem Handelsgewerbe befugt.

Die Beschränkung der Prokura

Beschränkungen im Umfang der Prokura gibt es kaum. Der Prokurist darf den Kaufmann nicht in privaten Angelegenheiten vertreten. Außerdem kann der Prokurist selbst weder Prokura erteilen noch seine Vertretung auf einen Dritten übertragen. So etwas wie eine Untervollmacht gibt es bei der Prokura also nicht.

Außerdem deckt die Vertretungsmacht keine Rechtsgeschäfte ab, bei denen es um die Veräußerung und die Belastung von Grundstücken geht. Der Geschäftsführer kann den Prokuristen zwar dazu ermächtigen, auch solche Geschäfte durchzuführen. Dann muss er die Prokura gemäß § 49 Abs. 2 HGB aber entsprechend erweitern.

Die sogenannten Prinzipal- und Grundlagengeschäfte sind ebenfalls ausgenommen. Dazu gehören alle Geschäfte, die reine Inhabergeschäfte sind oder die den Gegenstand des Unternehmens verändern. So kann der Prokurist zum Beispiel den Geschäftsbetrieb nicht einstellen, keine neue Gesellschafter aufnehmen und die Firma nicht verkaufen.

Was die Beschränkungen angeht, müssen Sie aber zwischen dem Innen- und dem Außenverhältnis unterscheiden. Im Innenverhältnis kann der Geschäftsinhaber die Vertretungsmacht des Prokuristen begrenzen. Gegenüber einem Geschäftspartner bleibt diese Begrenzung zwar wirkungslos.

Für den Rechtsverkehr nach außen gilt die Prokura also uneingeschränkt (§ 50 HGB). Trotzdem macht sich der Prokurist unter Umständen gegenüber dem Geschäftsinhaber schadensersatzpflichtig, wenn er die vereinbarten Befugnisse überschreitet.

Der Eintrag der Prokura ins Handelsregister

Eine erteilte Prokura muss gemäß § 53 HGB ins Handelsregister eingetragen werden. Die Vertretungsmacht ist zwar ab dem Zeitpunkt wirksam, an dem der Geschäftsinhaber sie ausdrücklich erklärt hat. Der Prokurist kann also sofort in dieser Funktion tätig werden, auch wenn der Eintrag im Handelsregister noch nicht erfolgt ist. Ratsam ist aber, die Anmeldung so schnell wie möglich zu veranlassen.

Denn der Geschäftspartner muss die Prokura nicht gegen sich gelten lassen, solange sie nicht eingetragen ist und er auch sonst nichts davon wusste. Andersherum kann sich der Geschäftspartner sehr wohl auf die erteilte und noch nicht eingetragene Prokura berufen, wenn die Rechtslage dadurch für ihn günstiger ist.

Mit Blick auf die Rechtsgeschäfte, die der Prokurist in der Zeit zwischen der Erteilung und der Eintragung der Vertretungsmacht im Handelsregister tätigt, wird der Geschäftspartner somit so behandelt, wie es für ihn vorteilhafter ist.

Die Unterschrift des Prokuristen

In vielen Fällen wird ein Mitarbeiter nicht nur Prokurist des Unternehmens sein. Stattdessen ist er vielleicht Abteilungsleiter oder Führungskraft in einem bestimmten Teil der Firma und zusätzlich dazu Prokurist.

Damit es dann nicht zu Missverständnissen kommt, muss der Prokurist bei Geschäften, die er im Rahmen der Prokura tätigt, seine Funktion entsprechend kennzeichnen (§ 51 HGB). In der Praxis sind dafür Kürzel wie „pp“ oder „ppa“ vor der Unterschrift üblich.

Die Formen der Prokura

Erteilt der Geschäftsinhaber einer einzelnen Person Prokura, handelt es sich um eine sogenannte Einzelprokura. Der Einzelprokurist kann den Geschäftsinhaber alleine vertreten und eigenständig handeln.

Eine andere Variante ist die Gesamtprokura. Dabei überträgt der Geschäftsinhaber die Vertretungsmacht gemeinschaftlich an mehrere Personen, die dann Rechtsgeschäfte grundsätzlich auch nur gemein durchführen können.

Haben alle Prokuristen des Unternehmens eine Gesamtprokura, wird von einer echten Gesamtprokura gesprochen. Im Unterschied dazu liegt eine halbseitige Gesamtprokura vor, wenn es Prokuristen mit Gesamtprokura gibt, während ein oder mehrere andere Prokuristen durch eine Einzelprokura auch alleine vertretungsberichtigt sind.

Noch eine Variante ist die unechte Gesamtprokura, die auch gemischte Gesamtprokura heißt. Hier kann der Prokurist das Unternehmen nur zusammen mit einem Mitglied der Geschäftsführung vertreten.

Zu guter Letzt gibt es noch die Filialprokura. Sie begrenzt die Vertretungsmacht des Prokuristen auf eine Geschäftsstelle oder Filiale des Unternehmens. Voraussetzung ist aber, dass die Niederlassungen unterschiedliche Firmennamen haben. Ein Zusatz reicht hier jedoch aus.

Das Erlöschen der Prokura

Der Geschäftsinhaber kann eine erteilte Prokura jederzeit widerrufen. Ähnlich wie bei der Erteilung muss er dazu eine Erklärung abgeben. Außerdem muss er veranlassen, dass im Handelsregister eingetragen wird, dass die Prokura erloschen ist.

Widerruft der Geschäftsinhaber die Prokura, beendet das aber nicht automatisch auch das Arbeitsverhältnis des Prokuristen. Dazu müsste der Geschäftsinhaber den Arbeitsvertrag ebenfalls kündigen.

Neben dem Widerruf gibt es noch andere Fälle, in denen die Vertretungsmacht erlischt. Nämlich dann, wenn

  • das Rechtsverhältnis, das der Prokura zugrunde liegt, endet. Meist wird das der Fall sein, wenn der Arbeits- oder Dienstvertrag gekündigt wird.
  • der Geschäftsbetrieb eingestellt wird.
  • das Unternehmen einen Insolvenzantrag stellt.
  • die Rechtsform des Unternehmens wechselt.
  • der Prokurist stirbt.

Beim Tod des Inhabers oder gesetzlichen Vertreters des Unternehmens bleibt die Prokura hingegen bestehen.