Prokura: Einfach und umfassend erklärt

Aktualisiert am 10. März 2024 von Ömer Bekar

Infos zur Prokura
Im Unternehmensalltag spielt die Prokura eine wichtige Rolle.

Bei der Prokura handelt es sich um eine besondere Form der Vollmacht. Durch sie ist der Prokurist dazu befugt, verschiedenste Geschäfte und Rechtshandlungen im alltäglichen Gewerbebetrieb zu erledigen. Und für ein Unternehmen kann das sehr wichtig sein. Denn der Geschäftsführer kann unmöglich jede Kleinigkeit im Geschäftsalltag selbst entscheiden und jeden Vertrag persönlich unterschreiben. Erteilt er Prokura, kann ihn der Prokurist vertreten und so zu geschäftlichen Abläufen ohne Unterbrechungen und lange Wartezeiten beitragen. Gleichzeitig entsteht für die Geschäftspartner eine größere Rechtssicherheit, denn eine Prokura wird im Handelsregister eingetragen.

Eine Prokura macht es möglich, einer Person, die kein gesetzlicher Vertreter des Unternehmens ist, eine sehr umfangreiche Vollmacht zu erteilen. Grundsätzlich ist ein Prokurist nämlich zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften befugt, die in einem Gewerbebetrieb üblicherweise so anfallen.

Wenn Sie kein Unternehmer sind, nicht BWL studiert haben und auch sonst bisher wenig mit dem Thema zu tun hatten, werden Ihnen einige Punkte aber vielleicht nicht klar sein. Um Abhilfe zu schaffen, beantworten wir deshalb in diesem Beitrag die wichtigsten Fragen rund um die Prokura.

Was genau ist eine Prokura?

Das Wort Prokura steht zum einen für Vollmacht. Zum anderen geht der Begriff auf die lateinischen Vokabeln pro und curare zurück und bedeutet übersetzt für etwas Sorge tragen.

In Deutschland, aber auch in Österreich und in der Schweiz handelt es sich bei der Prokura um eine umfangreiche, geschäftliche Vertretungsmacht. Ähnlich wie die Handlungsvollmacht bestimmt sie eine Person zum Stellvertreter und zielt darauf ab, eine sichere Grundlage im und für den Handelsverkehr zu schaffen.

Die gesetzlichen Grundlagen für die Prokura ergeben sich aus den §§ 48 bis 53 des Handelsgesetzbuches (HGB). Ergänzend dazu gelten die Regelungen, die gemäß den §§ 164 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bei Vollmachten Anwendung finden.

Wer kann eine Prokura erteilen?

§ 48 Abs. 1 HGB besagt, dass nur der Inhaber eines Handelsgeschäfts oder sein gesetzlicher Vertreter eine Prokura erteilen kann. Zu diesem Personenkreis gehören in erster Linie

  • Handelsgesellschaften wie zum Beispiel die Offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder die Aktiengesellschaft (AG)
  • Kapitalgesellschaften, sich in Liquidation befinden
  • eingetragene Genossenschaften
  • Kaufleute kraft Eintragung
  • Erbengemeinschaften, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder Nachlasspfleger, die Handelsgeschäfte von Erblassern weiterführen

Privatpersonen hingegen können keine Prokura erteilen. Gleiches gilt für Kaufleute und Unternehmer mit einem Kleingewerbe, die nicht im Handelsregister eingetragen sind.

Und auch der Prokurist selbst kann keine Prokura erteilen. Denn im Unterschied zu einer Untervollmacht gibt es so etwas wie eine Unter-Prokura nicht.

Wer kann Prokurist werden?

Jede natürliche und voll geschäftsfähige Person kann zum Prokuristen bestellt werden. Ob die Person ein Mitarbeiter des Unternehmens ist, spielt keine Rolle. In der Praxis ist es zwar üblich, dass der Geschäftsführer jemandem Prokura erteilt, der der Firma angehört. Zwingend notwendig ist ein Angestelltenverhältnis aber nicht.

Sich selbst kann der Inhaber eines Handelsgeschäfts keine Prokura erteilen. Und nach gängiger Auffassung kann auch der gesetzliche Vertreter eines Unternehmens, also zum Beispiel der Geschäftsführer einer GmbH, ein Vorstandsmitglied einer AG oder der persönlich haftende Gesellschafter einer OHG, nicht zur gleichen Zeit Prokurist des Unternehmens sein.

Wie wird jemand zum Prokuristen?

Eine Prokura erfordert eine ausdrückliche Erklärung. Das ist in § 48 Abs. 1 HGB so festgelegt. Stillschweigend kann eine Prokura nicht erteilt werden. Ebenso ist ausgeschlossen, dass sich die Prokura durch schlüssiges Handeln ergibt. Wird es geduldet, dass jemand als Stellvertreter auftritt, kann das zwar eine Handlungsvollmacht begründen. Eine wirksame Prokura entsteht dadurch aber nicht.

Bestellt der Geschäftsführer eine Person zum Prokuristen, kann er dieser Person gegenüber erklären, dass er ihr Prokura erteilt. Möglich ist aber auch, dass der Geschäftsführer die Erklärung gegenüber dem Geschäftspartner abgibt, bei dem er vom Prokuristen vertreten wird. Damit entspricht die Vorgehensweise dem, was bei einer Vollmacht als Innen- und als Außenvollmacht bezeichnet wird.

Eine schriftliche Erklärung ist bei einer Prokura nicht vorgeschrieben. Eine mündliche Erteilung der Prokura würde also grundsätzlich ausreichen. Allerdings muss sie öffentlich bekannt gemacht werden, indem eine Eintragung im Handelsregister erfolgt.

In welchen Formen gibt es die Prokura?

Im Zusammenhang mit der Prokura werden verschiedene Varianten voneinander unterschieden. Dabei ergibt sich aus der jeweiligen Art, wie der Prokurist den Geschäftsführer vertreten kann. Es geht also weniger um die Geschäfte und Rechtshandlungen, zu denen der Prokurist befugt ist. Stattdessen steht die Form der Vertretung im Vordergrund.

Einzelprokura

Eine Einzelprokura ermächtigt den Prokuristen zur Einzelvertretung. Das bedeutet, dass er in Vertretung des Geschäftsführers alleine auftreten und eigenständig handeln kann.

Gesamtprokura

Eine Gesamtprokura bezieht sich immer auf zwei oder mehr Personen. Allerdings gibt es innerhalb der Gesamtprokura noch einmal verschiedene Formen.

Bei einer echten Gesamtprokura erteilt der Geschäftsführer die Prokura gemeinschaftlich an mindestens zwei Prokuristen. Sie können den Geschäftsführer deshalb auch nur gemeinsam vertreten. Gibt es zum Beispiel einen Prokuristen A und einen Prokuristen B, können sie etwa Verträge nur zusammen abschließen. Einer der beiden Prokuristen alleine kann das nicht.

Haben die beiden Prokuristen einem Geschäftspartner gemeinsam ein Angebot unterbreitet, kann der Geschäftspartner aber auch nur gegenüber einem Prokuristen erklären, dass er das Angebot annimmt. Bei der Annahme einer Willenserklärung handelt es sich nämlich um eine sogenannte passive Vertretung. Und sie darf ein Prokurist auch alleine durchführen.

Erlischt irgendwann später die gemeinschaftlich erteilte Prokura eines Prokuristen, bleibt die Prokura des anderen Prokuristen trotzdem eine Gesamtprokura. Sie verwandelt sich also nicht automatisch in eine Einzelprokura.

Eine halbseitige Gesamtprokura liegt vor, wenn Prokurist A zur Einzelvertretung befugt ist, während Prokurist B nur eine Gesamtprokura erteilt wurde. Prokurist A kann also eigenständig agieren. Im Unterschied dazu kann Prokurist B nur gemeinschaftlich mit Prokurist A tätig werden.

Eine weitere Form ist die gemischte Gesamtprokura. Sie wird auch unechte Gesamtprokura genannt. Hier ist die Vertretungsmacht des Prokuristen daran geknüpft, dass ein gesetzlicher Vertreter mitwirkt. Der Prokurist kann also nicht alleine, sondern nur zusammen mit zum Beispiel dem Geschäftsführer handeln.

Filialprokura

Die Filialprokura beschränkt sich auf den Betrieb von einer oder mehreren Geschäftsstellen des Unternehmens. Allerdings müssen die Niederlassungen dann verschiedene Namen haben, wobei Zusätze genügen.
Das Gegenstück dazu ist die Generalprokura. So eine Prokura umfasst alle Filialen des Unternehmens.

Was darf ein Prokurist und was nicht?

Was den Umfang einer Prokura angeht, so heißt es in § 49 Abs. 1 HGB dazu:

„Die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.“

Die Formulierung “eines Handelsgewerbes” macht einen großen Unterschied zwischen der Prokura und einer Handlungsvollmacht aus. Denn die Handlungsvollmacht beschränkt sich auf das Handelsgewerbe, das zum Geschäftsfeld des Bevollmächtigten gehört. Im Unterschied dazu kann ein Prokurist auch branchenübergreifend Geschäfte abschließen.

Für die Praxis heißt das, dass ein Prokurist für den Geschäftsführer zum Beispiel

  • Arbeitnehmer einstellen und entlassen,
  • Mitarbeitern Handlungsvollmachten erteilen,
  • Darlehen aufnehmen und Kredite gewähren,
  • Bürgschaften übernehmen,
  • Schenkungen veranlassen,
  • neue Filialen eröffnen oder Zweigestellen schließen,
  • Immobilien kaufen, mieten und vermieten oder
  • Gerichtsverfahren führen

kann. Grundstücke kaufen und belasten, darf der Prokurist hingegen nur dann, wenn er dazu ausdrücklich befugt ist. Außerdem ist er nicht dazu ermächtigt, Grundlagengeschäfte zu tätigen, die den eigentlichen Betrieb des Handelsgewerbes betreffen. So ein Grundlagengeschäft wäre etwa die Änderung des Firmennamens oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Kann eine Prokura beschränkt werden?

Im Außenverhältnis, also zwischen dem Prokuristen und einem Geschäftspartner, kann der Umfang einer Prokura nicht eingeschränkt werden. Das ist in § 50 Abs. 1 und 2 HGB geregelt.

Intern kann der Geschäftsführer verschiedene Beschränkungen formulieren, um so die Reichweite der Vertretungsmacht einzugrenzen. Im Außenverhältnis gelten diese Beschränkungen zwar nicht. Aber der Prokurist kann eventuell zu Schadensersatz verpflichtet sein, wenn er die internen Beschränkungen nicht einhält.

Ist die Eintragung in das Handelsregister immer notwendig?

Gemäß § 53 HGB ist eine Prokura immer im Handelsregister anzumelden. Dabei muss der Inhaber des Handelsgeschäfts oder sein gesetzlicher Vertreter nicht nur eintragen lassen, dass er eine Prokura erteilt hat. Auch wenn die erteilte Prokura erlischt oder abgeändert wird, muss das im Handelsregister eingetragen werden.

Außerdem ist eine Anmeldung notwendig, wenn es zulässige Besonderheiten gibt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Geschäftsführer eine Gesamtprokura erteilt oder die Reichweite durch eine Grundstücksklausel erweitert.

Die Anmeldung zum Handelsregister muss der Inhaber des Handelsgeschäfts oder sein gesetzlicher Vertreter veranlassen. Und seine Unterschrift unter der Anmeldung muss ein Notar beglaubigen. Deshalb beauftragen Unternehmen in aller Regel direkt einen Notar, der die Anmeldung aufsetzt, die Unterschrift beglaubigt und das Ganze dann ans zuständige Registergericht übermittelt. Das Registergericht veranlasst daraufhin die Eintragung.

Obwohl eine Prokura im Handelsregister eingetragen werden muss, hat die Anmeldung aber nur eine deklaratorische Wirkung.

Denn die Prokura ist schon dann gültig, wenn der Geschäftsführer förmlich eine Person zum Prokuristen ernennt. Die Wirksamkeit einer Prokura hängt also nicht davon ab, ob sie (bereits) im Handelsregister eingetragen ist.

Was ist, wenn der Prokurist seine Vertretungsmacht missbraucht?

Das Risiko eines Missbrauchs der Vertretungsmacht liegt grundsätzlich beim Geschäftsführer. Selbst wenn der Prokurist seine Befugnisse überschreitet oder zum Nachteil des Unternehmens handelt, bleiben die abgeschlossenen Geschäfte deshalb gültig. Allerdings kann der Geschäftsführer in solchen Fällen unter Umständen Schadensersatz vom Prokuristen fordern.

Dass und welche Geschäfte der Prokurist abgeschlossen hat, lässt sich übrigens anhand der Unterschrift nachvollziehen. Denn der Prokurist muss seine Funktion durch einen entsprechenden Zusatz verdeutlichen. Diese Pflicht ergibt sich aus § 51 HGB.

Deshalb setzt ein Prokurist in aller Regel ein Kürzel wie „ppa“ oder den Hinweis „per Prokura“ vor seine Unterschrift.

Wann endet eine Prokura?

Der Geschäftsführer kann eine erteilte Prokura gemäß § 52 HGB jederzeit widerrufen. Fristen muss er dabei nicht einhalten.

Auf die Rechte des Prokuristen aus dem Rechtsverhältnis, das der Erteilung zugrunde liegt, hat der Widerruf der Prokura aber keine Auswirkungen. Widerruft der Geschäftsführer eine erteilte Prokura mit sofortiger Wirkung und entlässt den Prokuristen, wird die Kündigung des Arbeitsvertrags deshalb erst nach Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist wirksam. Und bis dahin hat der Prokurist Anspruch auf seine Vergütung.

Der Widerruf muss genauso erfolgen wie die Erteilung. Das heißt: Der Geschäftsführer muss erklären, dass er die Prokura widerruft und den Vorgang beim Handelsregister anmelden.

Neben einem Widerruf kann eine Prokura aber auch durch andere Gründe enden. So erlischt sie zum Beispiel dann, wenn

  • der Prokurist stirbt.
  • der Prokurist selbst zum Inhaber des Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter wird, beispielsweise weil er das Unternehmen kauft oder erbt.
  • das Arbeits- oder Dienstverhältnis zwischen dem Prokuristen und dem Unternehmen endet.
  • der Geschäftsführer den Betrieb des Handelsgeschäfts einstellt oder als Kaufmann insolvent wird.

Stirbt aber der Inhaber des Handelsgeschäfts, erlischt die Prokura dadurch nicht. Und der Prokurist kann seine Vertretungsmacht nicht auf eine andere Person übertragen.